Autorin: Judith Leopold
Erscheinungstermin: März 2021
Umfang: 164 Seiten
Format: 15,5 x 22 cm
zahlreiche stimmungsvolle Kapitelfotos zum Thema „Hausgeburt“ und Wien
Ausstattung: Paperback
ISBN: 978-3-99082-074-2
€ 19,90 inkl. USt.
ISBN eBook: 978-3-99082-075-9
€ 14,99 inkl. USt.
Einmal mehr heißt es: „Ruf die Hebamme, Schatzi!“ Unsere Hebamme Margarete ist zurück! In Band 2 von „Zu Hause geboren“ geht es diesmal um noch unglaublichere, absolut authentische Erlebnisse der beliebten Wiener Geburtshelferin.
Aber Achtung! Es wird wirklich herzergreifend, wenn Margarete bei einer Geburt im Studentenwohnheim dabei ist. Berührend, als sie einer werdenden Mama mit schrecklicher Vorgeschichte begegnet. Spannend, als sie von einer Geburt im Dunklen überrascht wird. Ja, und immer wieder lustig ist es, wenn der Kindsvater mehr Hebammenbetreuung braucht als die werdende Mutter.
Natürlich war Hebamme Margarete auch während der Corona-Krise unterwegs und konnte nicht im Homeoffice Kurzarbeit machen. Wie neben Margaretes Dammschutz ihr Coronaschutz aussieht, erfahren wir in einer ganz speziellen Erzählung …
* 14 absolut authentische Geschichten rund ums Gebären und ein Glossar für die im Buch verwendeten wienerischen Ausdrücke wie z.B. „Gengans“ – ist kein genmanipuliertes Federvieh, sondern ein Zusammenzug der Worte: „Gehen Sie“, was so viel wie eine wienerische Version von „Na, hören Sie mir auf“ ist, die ebenso bedeutet, bloß nicht aufhören, na wirklich!
* Als Geschenkbuch für die schwangere Frau/Freundin und für alle, die wissen wollen, was bei Hausgeburten wirklich passiert.
* Ein gelungenes Statement zur handfesten und gleichzeitig hochsensiblen Arbeit freiberuflicher Hebammen, die viel zu oft nicht ausreichend wahrgenommen werden.
* Ein Manifest für alle, die ihre Kinder einfach bekommen wollen – egal wo und wann.
* Papa kompatibel durch die gezielte Einbindung und Beschreibung werdender Väter.
* Humorvoll und traurig zugleich, wie das Leben eben ist.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort … 7
Die Geschichten
Michaela … 13
Clara Luna … 23
Ingrid … 33
Brigitte und Seline … 43
Alma … 55
Z. … 61
Lauren … 75
Kirsten … 85
Ira … 95
Rita … 109
Rosalie … 119
Fritz … 127
Christiana und Sharon … 135
Sarah … 145
Nachwort … 155
Glossar … 159
Vorwort
Zu Hause geboren zu werden ist heute nicht mehr Standard. Nur noch 1,8 Prozent aller Geburten finden in Österreich in den eigenen vier Wänden statt. Doch es sind genug für mich und meine Kolleginnen, um regelmäßig Monate im Vorhinein ausgebucht zu sein.
Viele meiner Frauen (so nennen ich sie, weil „Klientinnen“ nach Geschäftsmodell klingt und „Patientinnen“ nach Arzt, wobei das Wort an sich ja von „Geduld“ kommt, lat. ‚patientia‘, also hervorragend für die Geburtshilfe passen würde) melden sich schon ganz früh in der Schwangerschaft an, oft haben sie gerade einen positiven Test in den Händen. Frauen sehr früh schon begleiten zu können, ist einer der großen Vorteile in der Hausgeburtshilfe und auch ein großes Privileg. Wir lernen uns zeitig kennen, können beispielsweise über Fluch und Segen pränataldiagnostischer Untersuchungen von Nackenfaltenmessung bis Organultraschall sprechen – es ist für alles Zeit, was Platz braucht.
Und doch gibt es immer wieder Überraschungen: Manche ganz kurzfristig Entschlossene, die nach einem Geburtsvorbereitungskurs oder einem Vortrag plötzlich spüren, dass sie sich im Krankenhaus doch nicht so sicher fühlen, wie sie anfangs gedacht haben.
Oder es kommt zu einem Lockdown aufgrund eines Virus, der von heute auf morgen ein ganzes Land lahmlegt. Niemand kennt sich genau aus, zu Beginn sind die Auflagen in den Krankenhäusern hinsichtlich der Begleitpersonen und Besucher sehr streng. Vielerorts dürfen die Väter nicht mit ins Kreißzimmer und auf der Wochenbettstation sind sie nur 30 Minuten pro Tag willkommen.
Diese Umstände ließen die Nachfrage nach Hausgeburten und ambulanten Geburten in die Höhe schnellen. Nur wie sollten wir Hebammen diese Frauen auffangen? Wir hatten selbst unsere Kinder im „Homeschooling“ zu Hause, „Homeoffice“ ist in der Geburtshilfe nicht so einfach. Oder doch? Wie war das nochmal mit der Geburt via Skype?
Also musste ich mich umorganisieren: Hausbesuche, die nicht unbedingt meine körperliche Anwesenheit erforderten, hielt ich „telemedizinisch“ ab, also via Videochat. Zunächst dachte ich, die Qualität meiner Arbeit würde massiv darunter leiden, aber dem war nicht so. Ich stattete meine Frauen mit selbstgenähten Babywaagen aus und zeigte ihnen ganz genau, wie sie selbst die Rückbildung kontrollieren konnten und auf was zu achten sei. Wir „trafen“ uns täglich im Videochat. Zu Geburten kam ich natürlich immer noch persönlich.
Insgesamt: Es wurden nur noch dringend notwendige Untersuchungen gemacht. Keine Organscreenings, wenn es keine Risikofaktoren für Fehlbildungen gab. Keine „Gewichtsschätzungen“, die eh nicht viel aussagen. Die großen Geschwister waren nun fast immer bei den Geburten dabei, wenn sie nicht gerade schliefen. Nicht einmal Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen fanden statt, wenn die Frau gesund war. Mit den Ärzten konnte man schließlich telefonisch Rücksprache halten, wenn es Grund zur Besorgnis gab. Besucher in der Wochenbettzeit kamen auch keine, man sollte die Großeltern, neuerdings Risikogruppe, ja fernhalten von den Kindern. Die Wochenbettzeit verlief für die meisten insgesamt sehr entspannt. Stillprobleme gab es kaum, die Babys nahmen gut zu. Alle Amtswege konnten online erledigt werden. Die Väter waren geforderter, aber das tat vielen Paarbeziehungen ganz gut.
Und ich? Nun ja, die Straßen Wiens waren leer, ich war überall in kürzester Zeit und brauchte mein Blaulicht fast gar nicht zu verwenden. Ich bin sicher, eines Tages werden wir auf diese verrückte Zeit zurückblicken und neben den ganzen Einschränkungen und Verschlechterungen auch die positiven Seiten sehen. Ich spüre sie schon jetzt. Und erste Studien stützen meine Intuition: Es zeigt sich ein signifikanter Rückgang an Frühgeburten, deren Hauptrisikofaktor Alltagsstress ist. – „Erstaunlich“, sagen die einen; „eh klar“, meinen die anderen.
Wie bei den Geburten. „Erstaunlich“ ist es für die einen. Das sind diejenigen, die es kaum fassen können, ihr Kind alleine, aus eigener Kraft, ohne medikamentöse Hilfe zur Welt gebracht zu haben, gerade dann, wenn vorangegangene Geburten ganz anders verliefen. „Eh klar“ ist es für andere, die schon drei oder vier Kinder zuvor zu Hause geboren haben und kaum mehr einen Gedanken daran verschwenden, dass Geburt nicht wieder gut gehen könnte, sondern sich höchstens fragen, ob diesmal die Hebamme rechtzeitig da sein würde.
Die folgenden Geschichten sind lebendige Dokumente meiner alltäglichen Arbeit – und bin dankbar, dass Judith sie behutsam so umgestaltet hat, dass aus meinen sprudelnden Erinnerungen glasklare Erzählungen geboren wurden.
Margarete
Leseprobe
Mit ihren zwei Jahren waren Rea und ich ein eingespieltes Team, meist begleitete sie mich aber nur mehr zu Nachsorgebesuchen. Wenn ich sie zu einer Geburt mitnahm, was nicht mehr allzuoft passierte, weil sie in dem Alter schon gut einige Stunden von mir getrennt sein konnte, spielte sie mit ihren Sachen, die sie in eine alte Hebammentasche von mir eingeräumt hatte. Stundenlang konnte sie sich um ihre Puppen kümmern, die allesamt entweder Babys waren oder ebensolche bekamen.
Da war ein Spiderman aus Hartplastik, der kleine Spinnen aus weichem Plastik gebar. Diese Tierchen erstanden wir einmal im Zoo; ich konnte den Shop nicht verlassen, bevor ich sie ihr nicht gekauft hatte. Zu Hause freute sich meine kleine Tochter dann diebisch, dass sie nun auch „Peider-Babys“ (Spider-Babys) auf die Welt bringen konnte.
Ein paar Mal versuchte ihr Bruder Archie ihr sanft klarzumachen:
„Männer können aber echt keine Kinder kriegen, auch nicht der Spiderman, der sonst urviel kann. Frag die Mama, die weiß das alles.“
Doch Rea schüttelte den Kopf, biologische Tatsachen ignorierend:
„Hause kriegen alle, wenn geht“, und zitierte damit mich, weil ich oft bei ersten Besuchen erklärte, alle Frauen könnten eine Hausgeburt haben, wenn sie sich eine wünschen und gewisse Kriterien nicht dagegensprechen.
Wenig später hatte meine Tochter dann eine Phase, in der große Spielzeugautos kleine gebaren. Zu dem Zeitpunkt hatte Archie es bereits aufgegeben, etwas dagegen zu sagen. Stattdessen unterhielten sich diese zwei Hebammenkinder lieber über geburtsspezifische Themen.
„Wenn das rote Auto beim Rauskommen mit der Kühlerhaube nach oben liegt, dann ist es eine Beckenendlage“, erzählte Archie seiner Schwester, die „Bekenntlacke“ wiederholte. Dann führte Archie ihr vor, wie eine Nabelschnur zu durchtrennen sei: Mit einem selbst gehäkelten Faden, Wäscheklammern und einer Nagelschere.
„Also da durchschneiden. Mit einem Ruck, sagt die Mama immer. Ich weiß auch nicht, Ruck muss irgendein Schimpfwort sein, weil wenn die Papas schneiden, dann weinen manche dabei.“
Schon hatte Albirea ihre erste Nabelschnur durchtrennt, lachte laut los und wies ihren Bruder an:
„Mehr Schnurli!“
Ich genoss diese Zeit sehr, in der meine Kinder meine Arbeit nachspielten; so gewissenhaft und auf entdeckerische Weise. Dass irgendwann die Pubertät kommen würde, in der sie meine Tätigkeit, die doch im weitesten Sinne mit Sexualität zu tun hatte, vielleicht peinlich fanden, daran wollte ich damals bloß nicht denken …
Eines Morgens rief mich Christiana an. Sie begrüßte mich mit einem schallenden „Grüß Gott“, aus dem man einen leichten amerikanischen Akzent raushören konnte. Sie wolle sich nach einer Hebammenbegleitung erkundigen, auf meinen Namen sei sie durch eine Empfehlung gekommen.
Sie würde gerne ihr drittes Kind zu Hause auf die Welt bringen, ob ich denn auch nach Eisenstadt fahren würde. Ja, generell fahre ich zu Orten, die bis zu einer Stunde außerhalb Wiens liegen. Das passte also. Wir vereinbarten einen ersten Kennenlerntermin und weil dieser von ihr aus nur am Nachmittag sein konnte, fragte ich sie, ob ich meine kleine Tochter mitbringen dürfe. Selbstverständlich, meinte Christiana und führte weiter aus:
„Alle Geschöpfe Gottes sind in unserem Home willkommen.“
Rea und ich machten uns wenige Tage später auf den Weg zu dieser neuen Frau. Da wenig Verkehr herrschte, brauchten wir nur knapp 40 Minuten bis nach Eisenstadt. Wir fuhren am Schloss Esterházy vorbei und meine Tochter war ganz verzückt. Sie dachte nämlich, die Hausgeburt würde dort stattfinden und wir eine Prinzessin oder einen Prinzen auf die Welt bringen. Wir passierten den prächtig gestalteten Schlossgarten und Albirea zählte wie üblich beim Fahren alles auf, was sie sah: Hunde, Mann, Kinder, Auto, Fahrrad, Blume, Teich, Wasser, Schweine, Frau … Zuerst hatte ich nicht so genau hingehört, aber als sie dann Schweine sagte, wollte ich gerade nachfragen, ob sie welche aus Stoff oder gezeichnete meinte, oder …
Doch da sah ich sie: zwei prächtige große Schweine, eines schwarz, das andere beige meliert, mit einer blonden Frau, die sie an der Leine führte. Das Trio bog in den Park ab, und wir fuhren vorbei. Rea konnte sich nach dieser Entdeckung gar nicht mehr beruhigen. Ob wir vielleicht Schweine auf die Welt bringen würden?
„Bitte Mama, einmal Schweindi statt Baby. Ich mag eines!“
[…]Die nächsten zwei Stunden wanderte Christiana im Haus herum, stützte sich während der Wehen auf Sofa oder Tisch ab. Im Hintergrund liefen die immer gleichen vier Lieder, zu denen die werdende Mama manchmal einzelne Textstellen mitsang. Die englischen Stücke waren laut, fröhlich, mit viel instrumentaler Untermalung und enthielten christliche Mantras für die Geburt. Eine Passage ist mir heute noch im Gedächtnis: „If Jesus were you, what would he do? Be brave, be kind, push it out, don’t mind, scream and sing, let this new life begin. Hello Hallelujah, hello Hallelujah! Hello Baby! Hallelujah, welcome to this world! Welcome little baby to this wonderful world!”
Während meiner Zeit als Hausgeburtshebamme hatte ich schon viele Musikrichtungen bei Geburten gehört: Heavy Metal (kommt öfter vor, als ich angenommen hätte), Rock’n’Roll (bei „Lets twist again“ scheint der Muttermund fast von selbst zu verstreichen), Klavierkonzerte (weil sie eine geborgene Stimmung schaffen, in der die Frau gut loslassen kann), deutschen Sprechgesang (da bei „Was geht“ der Titel Programm zu sein scheint, habe ich schon zwei Kinder zu diesem Lied begrüßen dürfen; man sollte den Fantastischen Vier einmal sagen, dass es der Geburtssong schlechthin ist, mit Abstand vor ihren „Millionen Legionen“) und deutschen Popschlagern.
Ich gebe zu, nach dem vierten Durchlauf von Helene Fischers Album habe ich die Musik ein wenig leiser gestellt, sonst wären die Frau und ich „Atemlos durch die Nacht“ und nicht durch die Geburt und „Ein kleines Glück“ geworden. Christliche Geburtsmotivationsmusik wie bei Christiana war jedenfalls ganz neu für mich.
Die Wehen wurden intensiver und Christiana musste sich nun ganz auf die Geburt konzentrieren. Michael brachte die Kinder zur Nachbarin und ich war bereits ganz an Christianas Seite in den Vorgang der Geburt versunken. Darum überlegte ich gar nicht mitzugehen, um zu schauen, wer da auf meine Tochter aufpassen würde. Auch von Reas Seite kam nur ein „Baba Mami“ und weg war sie. Nach zwei weiteren Stunden sangen wir alle die Lieder im Chor mit. Michael und ich immer – und Christiana dann, wenn sie die Luft dazu hatte.
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Judith Leopold
Judith Leopold wurde 1983 in einem Wiener Krankenhaus geboren. Nach einem Kaiserschnitt beim ersten Kind kam sie in der folgenden Schwangerschaft zur Hausgeburt und somit zu Hebamme Margarete. Sie hat Komparatistik studiert und lebt mit ihrer Familie in Wien, wo sie seit über zwölf Jahren als Onlineredakteurin im Kulturbereich tätig ist.